Montag, 18. Juli 2011

Familie

Leben im Haus.

Was es nicht ist:
Stille, wenn die Mutter auf einem der Sofas und der Vater im Wohnzimmer Mittagsschlaf machen, sodass man an einem Wochenendnachmittag nur auf leisen Sohlen durchs Haus schleicht.
Ein stilles Essen, weil niemand sich etwas zu sagen hat, die Großeltern ihre Meinungsverschiedenheiten austauschen und nur die Mutter über ihre richtige Zubereitung der Sauce Hollondaise schwärmt.
Stille, wenn die Eltern kurz nach dem Frühstück (das um neun beginnt und zwei Stunden dauert - wie kann man so viel Zeit verschwenden? So spät am Tag?) zum Golfplatz fahren, die Mutter in dem neuen Golfoutfit, dass sie sich neulich mitgenommen hat, weil sie so etwas nach eigener Aussage noch nicht hatte (jedenfalls nichts Ordentliches, und man braucht ja auch Ersatz - nach eigener Aussage) und erst spät abends wiedergekommen, um sich augenblicklich umzuziehen und zum Tanzkurs zu fahren.
Wenn die Mutter wieder darauf besteht, am großen Tisch im Esszimmer zu essen, mit vorgewärmten Tellern, die nicht aufeinander gestellt werden dürfen, um nicht zu zerkratzen, mit Wurst und Käse angeordnet in dazu passenden Schalen. Und natürlich ist es ein Fauxpas erster Güte, die Rotweingläser auf den Tisch zu stellen, wenn es zum Mittagessen doch Fisch geben soll, und zum Fisch trinkt man Weißwein, und für Weißwein gibt es andere Gläser.

Leben im Haus ist anders. Leben im Haus entsteht oft durch Besucher, die nicht wissen, was sie in den Augen der Mutter falsch machen, aber Besucher dürfen das. Darum wird alles zwanglos und heiter, und es ist wie in einer großen Familie. Es gibt keine Grenzen zwischen "die" und "wir". Auf einmal hat man zwei Geschwister mehr, einer davon ein aufgedrehter kleiner Junge, der nachmittags seine Geige durchs Haus schallen lässt, dazu ihre Eltern, die auf einmal wie Onkel und Tante werden. Man kann morgens einen Kaffee trinken, während sich jeder sein Frühstück selbst macht und sich einfach dazusetzt, ohne dass eine große Tafel bereitet werden muss. Niemand meckert, wenn die Weingläser mal vertauscht werden oder das falsche Besteck aufgedeckt oder die Soße aus dem Regal aufgebraucht, die dort schon seit Jahren vor sich hin modert.

Leben im Haus lässt sich leicht identifizieren. Mach die Zimmertür auf, und horche. Wenn Unterhaltungen durchs Haus schallen ... Gelächter ... wenn jemand poltern die Treppe nach oben rennt ... wenn die Autorennbahn auf dem Dachboden seit Stunden surrt ... wenn die Toilette bei vier von fünf Versuchen besetzt ist ...

Dann hast du Leben im Haus.

Sei froh drum.

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