Mittwoch, 12. August 2009

Heilig deine Glocken

Heilig deine Glocken, heilig seiest du, heilig sei dein Tempel.
Notre Dame.
Deine Heiligen starren auf mich herab, starren in meine Augen und klagen mich an.
Deine Zeugen starren mich an, ich kann nichts verleugnen.
Leugnen nicht, vor einer Heiligen wie dir.

Vergeben, ja? Leben nach dem Tod, ja? Ewiges Leben der Seele, ja?
Deine steinernen Heiligen können mir sonst was erzählen. Deine Wasserspeier mich mit ihren Fratzen so viel verfolgen, wie so wollen, so sehr bespucken, wie sie wollen.
Alles, was deine Glocken versprechen, was deine Heiligen von mir verlangen, ist Lüge.

Mag sein, dass du Paradies bringst. Aber für mich gibt es dieses Paradies nicht mehr.
Diesen starrenden Blicken kann ich nicht mehr entfliehen.
Wer unschuldiges Blut auf den Stufen Notre Dames vergießt, der kann nicht mehr leugnen vor den Augen Notre Dames.
Man kann sich selbst belügen, man kann die seinen belügen, aber nicht sie.
Wie sollen vor dir alle gleich sein, wenn man schon auf Erden zwischen Sündern und Rechten unterscheidet?

Wer weiß, ob es dich gibt.
Aber irgendwo gehören doch auch wir dazu, oder?
Ich will ja gar nicht viel.
Ich will ja gar nicht einmal in den Himmel.
Hätte auch gar keinen Zweck, ha!
Jedenfalls jetzt nicht mehr.
Aber es gibt andere, für die es noch nicht zu spät ist.
Du musst ja gar nicht alle in den Himmel holen. Wäre ja ein ganz schönes Gedränge da oben.
Aber wenigstens für die paar Jahre hier auf Erden kannst du doch mal den Arsch bewegen, oder?
Nicht für mich.
Für mich, das wäre ja auch zu viel verlangt.

Dein Licht überstrahlt alles. Selbst mich. Die Dunkelheit kuscht vor dir, so hell scheinst du. Und in der Dunkelheit sind jene, die du nicht sehen willst. Kein Wunder, dass du es auch nicht tust.
Wir sind jene, die hier draußen stehen und dein Licht betrachten. Die Schatten, von denen du nur schnell die Augen abwendest, denn wir sind nur Gespenster. Wir gehören nicht in dein Licht.
Findest du das gerecht?

Es schmerzt, verdammt, es tut weh!
Kannst du nicht wenigstens das alles verkürzen?
Hier draußen sitze ich. Selbst jetzt bin ich ausgestoßen, selbst sterben muss ich draußen, auf den Stufen.
Es ist Nacht.
Nicht einmal sterben darf ich im Licht.
Wenn es dort wirklich so auserwählt zugeht, bin ich in der Nacht wirklich besser aufgehoben.
Ja, es schmerzt… aber trotzdem tust du nichts. Du siehst zu, du starrst mich anklagend an.
Tja.
Tut mir Leid. Kein Samt, keine Seide, keine weißen Leinen über diesen Wunden, mein Blut über und über auf deinen heiligen Stufen. Stattdessen schäbiger Stoff, überall zerrissen und nur für warme Temperaturen geeignet.
Ob ich jetzt sterbe oder im nächsten Winter – es ist egal.
Ja.
Du freust dich … bestimmt darüber …
Scheiße, es tut so weh … so sehr …

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