Montag, 6. Juli 2009

Verlierer

Das Meer.
Von hier aus sieht es unendlich aus. Egal, wie weit man schwimmt, egal, wie weit man fährt, ein Ufer wird man nie erreichen.
Einfach nur immer und immer weiter fahren, bis in alle Ewigkeit. Niemals ankommen.
Ich weiß, dass das nur eine Lüge ist.
Aber es ist mir egal.
Der Himmel ist blau, als ob er mich verhöhnen würde. Halt die Klappe.
Und hier stehe ich am Wasser und sehe hinein.

Serafin steht am anderen Heck.
Serafin. Allein bei dem Gedanken an ihn kommt mir die Galle hoch. Wie kann jemand so perfekt sein? Wie kann jemandem alles, was er anpackt, gelingen? Wie kann jemand so stark sein?

Alle solche bescheuerten Leute. Leute, die zu nichts zu gebrauchen sind, außer mal eben und so nebenbei die Welt zu retten.
Pah. Pathetisches Gelaber. Lasst mich in Ruhe. Hört auf mit diesem Scheiß!
„Egal, was die anderen immer von dir hielten, du warst niemals ein Versager.“
Ach, echt?
Was denn dann? Einer von diesen Emos? Hobbymäßig die Adern aufschlitzen und, wenn alles nichts hilft, noch mal so eine richtig schöne Heulattacke kriegen?
Ne. Dann schon lieber ein schlichter Versager.
„Du hast schon oft verraten, und bist verraten worden, ohne Reue. Du bist daran gewöhnt.“
Leck mich!
Wer weiß. Vielleicht ist das Leben nach dem Tod ja einfach. Sich einfach treiben zu lassen… nie mehr Schmerzen.
Einfach nur treiben lassen.
Mein Leben ist doch eh nicht mehr den Dreck unter den Fingernägeln wert. Wird´s nicht mehr sein. Schon mal versucht, aus Treibsand herauszukommen?

Das hier ist ungefähr so ähnlich.
Verflucht unangenehm. Dringt überall hinein. Schleift dir die Haut von den Knochen, schmirgelt sie blitzeblank, dass Meister Propper aus dem Grinsen nicht mehr herauskommt. Lässt nichts mehr von dir übrig.

Alles, woran du dich herausziehen willst, versinkt zusammen mit dir. Strampeln nützt auch nichts, es wird nur schlimmer.
Die rettende Hand?
Vergiss sie. Ich hab´s versucht, mehr als einmal. Aber genauso ein Firlefanz wie der Rest.
Halt dich an ihr fest, und sie lässt irgendwann los.
Es tut dir Leid?
Heuchlerin.

Hör auf damit, dich zu wehren.
Verschwende deine Kraft nicht darauf, das Unmögliche zu tun.
Lass dich einfach treiben.
„Du kannst einem Leid tun.“
Fresse. Ich will dein Mitleid nicht. Du bist Vergangenheit.
„Du bist eine lebende Leiche und merkst es nicht einmal.“
Also hau endlich ab aus meinem Kopf! Verkriech dich irgendwo in eine der stillgelegten Ecken meines Gehirns, und fang an, zu verwesen.
Hn Hn.
Weißt du, wie egal mir andere Leute sind?
„Wenn ich deine Hand loslasse, verschwindest du!“
Na und?! Tu nicht so, als ob dir das wichtig wäre, Arschloch!
Wenn ich dir wichtig bin, warum lässt du mich dann nicht gehen, hä?!

Es ist zwecklos.
So sehr ich es auch versuche, es bringt nie etwas.

Früher glaubte ich daran. Ich glaubte, eines Tages würde es sich ändern.
Egal, wie oft er mich demütigte. Egal, wie oft er mich seitdem immer wieder stehen ließ.
Ich war mir sicher, dass ich nur besser werden müsste. Nur besser. Ich muss lernen, all die Fehler nicht noch einmal zu begehen.
Ich muss lernen, aufmerksamer zu sein.
Ich muss lernen, meinen Gegner besser im Auge zu behalten.
Ich muss lernen, die Kampffähigkeiten meines Teams besser einzuschätzen.

Es ist zwecklos.
So sehr ich es auch versuche, es bringt nie etwas.

Es gibt Menschen, die kämpfen ihr Leben lang. Manche gewinnen. Sie kämpfen und werden dabei immer stärker.
Es gibt Menschen, die kämpfen ihr Leben lang. Manche verlieren. Sie sterben, und sie geben auf.
Es gibt Menschen, die kämpfen ihr Leben lang. Die meisten verlieren, stehen wieder auf, verlieren wieder und fallen immer tiefer. Sie zerbrechen immer wieder neu, und der Klebstoff, mit dem sie sich selbst zusammengekittet haben, weil niemand für sie da war, ist irgendwann aufgebraucht.
Dann fallen sie wieder. Und sie zerbrechen in Abermillionen kleine Scherben. So klein, dass sie liegen bleiben. Den Himmel können sie nicht mehr sehen, weil sie zu weit unten liegen. Und dort kommt niemals jemand hin, der sie wieder flicken kann.
Selbst wenn – sie würden erneut brechen.
Denn es gibt Menschen, die sind als Verlierer geboren worden.
Wir können nicht alle gewinnen.
Ich muss versagen, damit andere es schaffen können.

„Wenn du es jetzt nicht tust, wirst du es für den Rest deines Lebens bereuen! Wenn man nicht kämpft, solange man lebt, rostet die Seele ein.“
Meine ist schon längst zerfallen. Wenn etwas rostet, wird es fragil und morsch.
Meine Seele ist vom Rost schon zerfressen worden. Sogar der Schrottplatz lacht sie aus.

Verletzen, bevor ich selbst verletzt werde…
Verraten, bevor ich selbst verraten werde…

Über mir, über dem dunklen, dunklen Wasser, scheint die Sonne.
Sie blendet.
Ich kann ihr höhnisches Lachen hören. Ich kann hören, wie sie mich auslacht, wie sie mich abstößt.
Die Sonne ist nicht dafür da, Versagern Licht zu spenden. Die Sonne ist nur dazu da, damit die Glücklichen in ihrem Licht baden können.
Ich gehöre dort nicht mehr hin.
Die Schmerzen sind nichts Neues. Mein ganzes Leben lang hat es geschmerzt.
Bye Bye, ihr Glückspilze.
Holt euch keinen Sonnenbrand.



Nicht meine eigenen Gedanken, sondern die von einem Charakter aus meiner Geschichte, die nur leider in dieser Form wohl nicht in der Geschichte vorkommen werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen